Samstag, 19. August 2023

Altkreis-Tagebuch (53)


Blick vom 
Gemeinschaftsraum
aus. Foto: Tjaden
Vergeblicher Versuch, dem Hausmeister seine Weisheit zu entreißen/Das Lächeln des verlorenen Mädchens

17. August 2023. „Der ist mit Vorsicht zu genießen.“

Mit diesen Worten soll Hausmeister Klaus D.  gestern zumindest einen Bewohner der städtischen Unterkunft Drei Eichen in Burgdorf  auf einen neuen Bewohner eingestimmt haben.

Als ich abends in die Unterkunft komme, steht im Gemeinschaftsraum die Tür zum Zimmer des Neuankömmlings offen, das Licht brennt, eine Tüte mit Habseligkeiten befindet sich vor dem Bett. Im Gemeinschaftsraum entdecke ich eine Winterjacke. 

Da ich von Bertolt Brecht gelernt habe, dass man dem Weisen seine Weisheit entreißen soll, spreche ich Klaus D. auf den Anrufbeantworter und frage ihn, was der oben erwähnte Satz für uns in der Unterkunft zu bedeuten hat. Ich erkundige mich, ob der angeblich mit Vorsicht zu Genießende einen Schlüssel für die Haustür und für das Zimmer hat, das man nur vom Gemeinschaftsraum aus erreichen kann. Müssen wir etwa damit rechnen, dass er irgendwann nachts auftaucht und Randale macht? Und wenn er so ungenießbar ist, warum bekommt er dann nicht ein Zimmer abseits des täglichen Geschehens? Auf der anderen Seite des Treppenhauses beispielsweise ist eins frei. 

Danach verbringe ich mit dem verlorenen Mädchen einen gemütlichen Abend im Gemeinschaftsraum. Sie bekommt etwas zu essen, sie legt sich auf die Matratze, die ich für sie stets unter das Fenster lege, ausnahmsweise ruht sie sich nicht für mich unsichtbar aus, sondern sichtbar. Sie beobachtet mich, die üblichen Angriffe ihrer inneren Stimme Eta bleiben aus. Zum ersten Mal lächelt sie. Kurz nach 21 Uhr geht sie. 

„Schade, dass du nicht hier bleibst“, sagt sie. 

Am nächsten Morgen ist das Bild im Gemeinschaftsraum unverändert: offene Tür, brennendes Licht, Tüte mit Habseligkeiten. 

Nun sitze ich in der Landesbibliothek von Hannover, es ist 11.40 Uhr. Klaus D. hat nicht zurückgerufen. Damit rechne ich auch nicht. Der hat seine Weisheiten noch nie gern geteilt. 

In 82 Tagen fliege ich nach Madeira.

Dazu stellen sich mir diese Fragen:

Ist dem neuen Bewohner die Hausordnung und das Hygienekonzept der Stadt ausgehändigt worden? Ich musste diese beiden Dokumente anfordern, bevor ich sie bekam. Erst anschließend wurde im Treppenhaus ein Brett angebracht, an dem Hausordnung und Hygienekonzept hängen, aber von niemandem gelesen werden. 

Hat sich der neue Bewohner bereits der nach Angaben des Ordnungsamtes "unabdingbaren" Tuberkulose-Untersuchung unterzogen? Meines Wissens bin ich in der Unterkunft einer der wenigen, die deswegen beim Gesundheitsamt in Hannover gewesen ist.

Beim Einzug habe ich erst nach längerer Zeit den Haustürschlüssel und den Zimmerschlüssel bekommen. Den Empfang quittieren musste ich nicht. Ist das immer noch so? Kursieren in Burgdorf bereits mehrere nicht zurückgegebene Schlüssel, denn es gibt auch Bewohner, die Knall auf Fall wieder gehen. 

Warum wird bei der Zimmerverteilung nicht darauf geachtet, dass der häusliche Frieden einigermaßen erhalten bleibt und warum werden meine Wünsche hinsichtlich Zimmer ignoriert?

Wann wird der Schimmel im Haus beseitigt?

Unterkunft der satten Fliegen

19. August 2023. Ich habe heute diese Nachricht an das "Sozial"amt und das Ordnungsamt der Stadt Burgdorf verfasst und in den Briefkasten des Alten Rathauses gesteckt. Eine Kopie bekam der "Anzeiger für Burgdorf": 

Wir haben einen neuen Mieter, der am 14. August eingezogen ist. Gesehen habe ich ihn noch nicht. Die Zimmertür ist offen. Im Zimmer steht eine Tüte, in der sich auch Lebensmittel befinden. Die Fliegen kommen schon. Dem Hausmeister D. habe ich schon am 16. August auf den AB gesprochen. Er reagiert nicht. 



4 Kommentare:

  1. Das Zimmer ist weiterhin unbewohnt. Im Gegensatz zu mir darf der Nichtauftauchende seine Sachen dort lagern. Heinz-Peter Tjaden Mit dem verlorenen Mädchen habe ich gestern ein Spiel gemacht, bei dem sie mich wieder einmal überraschte. Als mir zu Q kein Tier einfiel, sagte sie Qualle. Sinn des Spiels war unter anderem, dass sie damit aufhört, "geht so" zu sagen. Sie sollte zu jedem Tier sagen, ob sie es mag oder nicht.

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  2. Da dieser neue Mieter wohl nicht mehr auftaucht, nutzt das verlorene Mädchen bei unseren Gesprächen im Gemeinschaftsraum dieses Zimmer als Rückzugsort, wenn sie sich zu angestrengt fühlt. Das habe ich dem Hausmeister Klaus D. schriftlich mitgeteilt und ihn gebeten, den Raum offen zu lassen, den ich schon seit Monaten bewohnen möchte. Er schloss das Zimmer gestern ab. Vielen Dank!

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  3. Meine schlimmsten Befürchtungen sind eingetreten. Der neue Mieter hat das Zimmer, das an den Gemeinschaftsraum angrenzt. Seitdem hindert ich mich am Betreten des Gemeinschaftsraumes und verfolgt mich. Deswegen bin ich gestern Abend zur Polizei gegangen. Der Beamte meinte, dass es wohl nicht Sinn seine könne, dass ich mir wegen der Gefahr eine Pension suchen müsse. Ich übernachtete in einem Hotel und informierte heute Morgen die sozialen Dienste und das Ordnungsamt. Bisher gibt es keine Reaktion. Wie meistens.

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  4. Reagiert hat auf mein Schreiben bisher nur die Lebenshilfe Peine-Burgdorf. Merkwürdige Antwort

    https://dasjugendamt.blogspot.com/2023/08/altkreis-tagebuch-55.html

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